
Highlights zum Prostatakarzinom vom EAU in Madrid
Bericht:
Reno Barth
Artikel geprüft von: Univ.-Prof. Dr. Isabel Heidegger-Pircher, PhD, FEBU Department für Urologie
Medizinische Universität Innsbruck
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Zahlreiche im Rahmen des EAU-Kongresses 2025 in Madrid vorgestellte Arbeiten beschäftigten sich mit Diagnostik und Management des Prostatakarzinoms in allen Stadien der Erkrankung. So zum Beispiel die TRANSLATE-Studie, die Vorteile für die transperineale im Vergleich zur transrektalen Prostatabiopsie zeigt. Neue Daten gibt es auch zum Einsatz von Darolutamid beim metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom.
TRANSLATE-Studie: Prostatabiopsie transperineal oder transrektal
Besteht angesichts eines erhöhten PSA-Werts und/oder eines auffälligen Tastbefundes bzw. bei entsprechenden Hinweisen in der Bildgebung Verdacht auf ein Prostatakarzinom, so bedeutet dies laut den aktuellen Empfehlungen der Europäischen Urologengesellschaft (EAU) eine Indikation für eine Prostatabiopsie. Dabei können unterschiedliche Strategien und Zugänge gewählt werden.
So besteht sowohl die Möglichkeit, ultraschallgeleitet transrektal zu biopsieren (TRUS), als auch den transperinealen Zugang zu wählen (LATP). Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Die EAU verweist auf einen systematischen Review mit Metaanalyse von acht Studien, der eine bessere Erkennung klinisch signifikanter Tumoren bei transperinealem Vorgehen zeigt.1 Dies konnte allerdings in zwei randomisierten, kontrollierten Studien nicht bestätigt werden, die beide vergleichbare Detektionsraten für die zwei Zugänge zeigten.2,3 Als Vorteil der transperinealen Biopsie wird neben der höheren Detektionsrate auch das geringe Infektionsrisiko ins Treffen geführt.
Eine prophylaktische Antibiotikagabe wirdbei uns routinemäßig bei beiden Verfahren eingesetzt, erläutert Univ.-Prof. Dr. Isabel Heidegger-Pircher von der Universitätsklinik für Urologie in Innsbruck bei ihrem Vortrag bei der 3. Post-EAU-Veranstaltung in Wien. Anzumerken ist allerdings, dass in der ProBE-PC-Studie bei beiden Zugängen vergleichbare Infektionsraten aufgetreten waren.4
Detektionsrate mit transperinealer Biopsie rund ein Drittel höher
Angesichts neuer, im Rahmen des EAU-Kongresses 2025 in Madrid präsentierter und mittlerweile inLancet Oncology publizierter Daten der TRANSLATE-Studie könnte diese Praxis nun in Diskussion geraten. TRANSLATE war eine in Großbritannien mit mehr als 1000 Patienten durchgeführte multizentrische Studie, die TRUS und LATP in einem randomisierten Design im Hinblick auf die Rate an Detektion von Prostatakrebsder Gleason-Grad-3-Gruppe (GGG) ≥2, Infektionsrate, Komplikationen und Kosteneffektivität verglich. Ein Prostatakarzinom von GGG ≥ 2 wurde bei 329 (60%) der 562 Patienten nach LATP und bei 294 (54%) der 564 Teilnehmer nach TRUS nachgewiesen. Damit ergibt sich eine Odds-Ratio (OR) von 1,32 (95% CI: 1,03–1,70; p=0,031). Eine Infektion, die eine Hospitalisierung binnen 35 Tagen nach Biopsie erforderte, trat bei 2 Teilnehmern (<1%)in der LATP-Gruppe und 9 Patienten (2%) in der TRUS-Gruppe auf. Dabei hatten 88% der Patienten der LATP-Gruppe keine Antibiotikaprophylaxe erhalten.
Hinsichtlich der „patient-reported outcomes“ (PROs) zeigten sich Unterschiede zwischen den Methoden. Während die LATP-Biopsie im Vergleich zur TRUS-Biopsie von mehr Probanden sofort als schmerzhaft und peinlich empfunden wurde – LATP: 216 (38%) vs. TRUS: 153 (27%) – waren eine Woche nach der Prozedur Symptome in der TRUS-Gruppe häufiger als nach LATP. Transperineale Biopsien dauerten im Schnitt etwas länger als transrektale. Hinsichtlich der Detektion von GGG-≥3-Karzinomen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen.5
Heidegger-Pircher weist auch darauf hin, dass Infektionen nach Prostatabiopsie schwerwiegende Ereignisse sind und zur Sepsis führen können. Nach aktuellen Berechnungen müsse man 278 Patienten transperineal statt transrektal biopsieren, um eine Sepsis zu verhindern. Dies schlägt sich mittlerweile auch in den Leitlinien-Empfehlungen nieder. Die EAU und andere Fachgesellschaften empfehlen den transperinealen Zugang mittlerweile auch im Hinblick auf die Prävention von Antibiotikaresistenzen im Sinne verbesserter Antibiotic Stewardship.6
ARANOTE-Studie: Darolutamid beim hormonsensitiven metastasierten Prostatakarzinom
Beim hormonsensitiven metastasierten Prostatakarzinom (mHSPC) kann heute entweder eine duale Therapie, bestehend aus Androgendeprivation (ADT) und einem Androgenrezeptor-Blocker (ARPI), oder eine Triple-Therapie mit zusätzlichem Docetaxel eingesetzt werden. Allerdings liegen für die Dreifachtherapie nur Daten aus drei klinischen Studien vor, in die hauptsächlich Patienten mit hochvolumiger Erkrankung eingeschlossen wurden. In diesen Studien wurden Triple-Therapien mit der Kombination aus ADT und Docetaxel verglichen. Es liegen jedoch keine randomisierten, kontrollierten Vergleichsstudien zwischen Triple-Therapie und dualen Therapien mit ADT plus ARPI vor. Folglich wird in den Guidelines auch nicht zwischen diesen beiden Therapien priorisiert. Nicht eingesetzt werden sollen Kombinationen von ADT und Docetaxel ohne ARPI.
Aus der Gruppe der ARPI sind seit einigen Jahren Abirateron, Enzalutamid und Apalutamid verfügbar. Mit Darolutamid ist seit 2023 eine weitere Substanz zugelassen. Die Zulassung beruht auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie ARANOTE. Die auf dem ESMO-Kongress 2024 vorgestellten Ergebnisse von ARANOTE zeigten, dass Darolutamid plus ADT das Risiko einer radiologischen Progression oder des Todes bei Patienten mit metastasiertem, hormonsensitivem Prostatakarzinom im Vergleich zu Placebo plus ADT signifikant um 46% reduzierte: HR 0,54 (95% CI: 0,41–0,71; p<0,0001). Mit Darolutamid wurde auch das Risiko einer Progression zur Kastrationsresistenz signifikant reduziert: HR 0,40 (95% CI, 0,32–0,51).
Die Verträglichkeit war gut. In der Darolutamid-Gruppe kam es zu weniger Abbrüchen wegen unerwünschter Ereignisse (6,1%) als in der Placebo-Gruppe (9,0%). Insbesondere Fatigue trat unter Darolutamid seltener auf als unter Placebo (6,6% vs. 8,1%). Das Gesamtüberleben war in der Darolutamid-Gruppe verlängert, allerdings wurde zum Zeitpunkt der Auswertung keine Signifikanz erreicht.
Eine Subgruppenanalyse der ARANOTE-Studie zeigte gute Wirksamkeit von Darolutamid sowohl bei hochvolumiger als auch bei niedrigvolumiger Erkrankung. Hochvolumige Erkrankung wurde anhand der CHAARTED-Kriterien definiert durch das Vorhandensein von viszeralen Metastasen und/oder ≥4 Knochenmetastasen, davon ≥1 außerhalb der Wirbelsäule/des Beckens. Von 669 Patienten, die in die vollständige Analyse einbezogen wurden, hatten 472 (71%) eine hochvolumige und 197 (29%) eine niedrigvolumige Erkrankung.
ARANOTE-Post-hoc-Analyse: PSA-Ansprechen und klinische Endpunkte
Abb. 1: Patienten unter Darolutamid, die ein nicht detektierbares PSA von <0,2 ng/ml erreichten, hatten ein niedrigeres Risiko für eine radiologische Progression und Tod (nicht in dieser Abbildung dargestellt). Modifiziert nach Saad F et al.8
Im Rahmen des EAU-Kongresses 2025 stellte Prof. Dr. Fred Saad vom Universitätsspital Montreal, Kanada, nun eine Post-hoc-Analyse von ARANOTE vor, die das PSA-Ansprechen mit den klinischen Endpunkten in Zusammenhang brachte. Das Absinken des PSA unter die Nachweisgrenze war assoziiert mit besserem ECOG-Performance-Status und niedrigerem PSA bei Einschluss in die Studie. Insgesamt führte die Behandlung mit Darolutamid zu tiefem PSA-Ansprechen. Aus der Darolutamid-Gruppe erreichten dreimal so viele Patienten ein PSA <0,2ng/ml wie in der Placebo-Gruppe. Patienten, die ein PSA <0,2ng/ml erreichten, zeigten ein um mehr als 80% reduziertes Risiko von radiologischer Progression oder Tod (Abb. 1). Dementsprechend waren nach komplettem PSA-Ansprechen auch die Zeit bis zur Kastrationsresistenz und die bis zur PSA-Progression massiv verlängert. Die Risikoreduktionen lagen für diese Endpunkt jenseits der 80%. Die Chancen, ein PSA unter der Nachweisgrenze zu erreichen, waren sowohl bei hochvolumiger als auch bei niedrigvolumiger Erkrankung mit Darolutamid signifikant und sehr deutlich verbessert. Die Auswertung ergab auch, dass unabhängig vom Ausgangs-PSA die Chancen auf ein komplettes PSA-Ansprechen unter Darolutamid signifikant besser waren als unter Placebo. Auch die gute Verträglichkeit von Darolutamid erwies sich als unabhängig vom PSA-Wert, mit dem Patienten in die Studie einstiegen.8
Quelle:
3. Post-EAU 2025, Neues vom EAU und Diskussion: „Was ändert sich in der täglichen Praxis?“, 9. April 2025, Wien
Literatur:
1 Tu X et al.: Transperineal magnetic resonance imaging-targeted biopsy may perform better than transrectal route in the detection of clinically significant prostate cancer: systematic review and meta-analysis. Clin Genitourin Cancer 2019; 17(5): e860-70 2 Hu JC et al.: Transperineal versus transrectal magnetic resonance imaging-targeted and systematic prostate biopsy to prevent infectious complications: the PREVENT randomized trial. Eur Urol 2024; 86(1): 61-8 3 Ploussard G et al.: Transperineal versus transrectal magnetic resonance imaging-targeted biopsies for prostate cancer diagnosis: final results of the randomized PERFECT trial (CCAFU-PR1). Eur Urol Oncol 2024; 7(5): 1080-7 4 Mian BM et al.: Complications following transrectal and transperineal prostate biopsy: results of the ProBE-PC randomized clinical trial. J Urol 2024; 211(2): 205-13 5 Bryant RJ et al.: Local anaesthetic transperineal biopsy versus transrectal prostate biopsy in prostate cancer detection (TRANSLATE): a multicentre, randomised, controlled trial. Lancet Oncol 2025; 26(5): 583-95 6 Cornford P et al.: EAU-EANM-ESTRO-ESUR-ISUP-SIOG Guidelines on Prostate Cancer--2024 Update. Part I: Screening, diagnosis, and local treatment with curative intent. Eur Urol 2024; 86(2): 148-63 7 Saad F et al.: Darolutamide in combination with androgen-deprivation therapy in patients with metastatic hormone-sensitive prostate cancer from the phase III ARANOTE trial. J Clin Oncol 2024; 42(36): 4271-81 8 Saad F et al.: Prostate-specific antigen response with darolutamide plus androgen-deprivation therapy in patients with metastatic hormone-sensitive prostate cancer in ARANOTE. Presented at EAU 2025; Madrid
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